Weinprobe mit 308 Teilnehmern – Slow Food

Klingt entsetzlich ! Ein Halle voller Weintrinker, klirrender Gläser, jeder spricht gleichzeitig, die Stimmung wird mit jedem Probeschluck lauter ?

Nein, Dank Corona (der erste positive Aspekt am Lockdown!) sitzt jeder zu Hause am Rechner, vor dem Bildschirm, und probt sich durch 4 Flaschen Wein mit wundervoller Käseplatte. Dank Live-Beiträgen der Winzer und Moderation und Hintergrundwissen ein schönes Miteinander, man erfährt etwas, verkostet, ulkt zusammen ausgelassen im Chat. Danke Slow Food und EcoVin für den gestrigen tollen Abend!

Deutsche Naturweine – sehr spannend: Melsheimer Rurale Riesling / Brüder Dr. Becker Rheinhessen Scheurebe / Zähringer Weißburgunder Orange / Schäfer – Heinrich Was ist das? Rotwein

Die Vorbereitung!
Das Ergebnis!

Terre d’Ailleuls – Syrah – 2016

Ein superschönes Fläschchen Wein aufgemacht. Leider alleine getrunken. Ich sehne den Tag herbei, an dem die Umarmung eines Freundes, der legal auf einen Wein vorbei kommt, unsere Abstandsregel sein wird.

Vollmundig, tiefrot, fruchtig, frisch, keine Tannine lenken ab und ja, schon trinkreif, obwohl noch so jung.

Ein Bio-Wein aus dem Luberon/Frankreich. Syrah und Grenache. Herrlich. Die 14,5 Promille merkt man nicht, so frisch und fruchtig kommt er daher.

9,5 von 10 Dagi-Punkten. Abzug nur, da er so rund ist, dass fast ein bisschen Charakter fehlt.

Weine: 2002 – 2004 – 2006

Wein Mario

Nie traut man sich heran und wartet auf den richtigen Moment – bis man in Gefahr läuft, dass sie umkippen – die teuer erstandenen Tropfen. Mario kommt zu Besuch. 3 Tage / 3 Weine. Einer besser wie der andere. 3 Jahrgänge: 2002, 2004, 2006.

3 Länder: Neuseeland (von dort selbst im Koffer heim geschleppt – ein Syrah vom Weingut Te Mata, damals 25 Euro). Italien (dort getrunken und zu Hause nachbestellt – ein Amarone zu 36 Euro). Frankreich (von dort auf einer wunderschönen Weinreise mitgebracht – Syrah/Grenache/Mourvedre von Philippe Nusswitz zu damals 20 Euro). Alle 3 Begebenheiten sind unendlich lange her und hatten ihren Platz in anderen Leben und nun trinke ich mit Genuss und denke an die schönen Augenblicke von damals und weiß, Freund Mario geniesst diese Weine auch. Danke dafür, dass ich sie endlich aus dem Keller gezogen habe. Danke für den Besuch. Mario spielt mir mit dem letzten Schluck das schöne Lied von Reinhard Mey vor: Lied: Gute Nacht Freunde

3x 20 von 20 Dagipunkten.

Indigena – 2017 – Grenache – Spanien

So was von komplex….
IndigenaUnzuordenbar.

Goldgelbölig liegt er im Glas. Wenig Nase.
Im Mund dann dick, weich mit wenig Säure, diese sehr angenehm. Ein Winterweisser aber doch von einer frischen Spritzigkeit im Abgang. Erst ölig den Mund füllend, dann Frische hinterlassend.
Fein.

Ganz besonders.

Indigena eben.

Und für ca. 10 Euro bezahlbar.

20 von 20 DagiPunkten

Colmar und Monsieur Schlumberger

Das Wochenende nahte und der gute Wetterbericht mit. Ausflug? Aber sicher!

Wir ausflügeln nach Colmar im schönen Elsass. X mal durchgefahren, nur einmal angehalten und das in einer Stresssituation: Mein Kumpel auf dem Motorrad steht hinter mir an der Ampel und eine Rauchwolke umwabert ihn – Kühlwasser dampft an dem defekten Kühler seiner Suzuki – natürlich 5 Minuten vor der sehr langen Mittagspause aller Geschäfte im schönen Frankreich. Wir sind zu dritt unterwegs und versuchen die Lage abzuschätzen und zu retten, haben wir doch noch eine lange Strecke bis ins Jura vor uns. Mittagspause, es geht nichts und wir machen eine 2-stündige nervöse Pause. Endlich macht der ausfindig gemachte Suzuki-Händler wieder auf – mit Händen und Füßen versuchen beide Seiten sich verständlich zu machen, er kann uns aber weder mit Ersatzteil noch sonstwie helfen, weiß aber einen Fachmann, der Autokühler lötet. Wir bauen das Ding aus und ich fahre damit quer durch Colmar, finde den Spezialisten und überzeuge ihn mit meinen nichtvorhandenen Sprachkenntnissen, dass es genau jetzt sein muß. Er ist nett und läßt alles stehen und liegen. Nach dem Löten muß der Kühler aber noch mindestens eine Stunde ruhen und ich fahre durch das Viertel und kaufe Kaugummi, da das Internet uns sagte, man könnte Löcher im Kühler auch damit notdürftig abdichten. Endlich ist die Zeit um, ich spanne den Kühler wieder auf meine Gepäckrolle und brause zurück an das andere Ende der Stadt. Wir bauen auf dem Hof der Suzuki-Werkstatt mit dem Werkzeug der hilfsbereiten Werkstatt den hoffentlich reparierten Kühler wieder ein und hoffen das Beste und fahren los ins Jura in unsere gebuchte Unterkunft, in der wir spät in der Nacht ankommen und trotzdem noch ein tolles mehrgängiges Abendessen bekommen – wieder ohne Sprachkenntnisse entschuldigen wir uns für die späte hungrige Ankunft und erklären warum es so kam. Der Kühler hält den ganzen Urlaub und wird erst viele Monate später gegen einen neuen ausgetauscht. Von wegen die Franzosen helfen nur, wenn man französisch kann. Ein zwar nervenaufreibendes Erlebnis – waren wir doch am Tag 1 einer 2-wöchigen Reise, die fast am Scheitern war – aber ein zusammenschweißendes(-lötendes) Erlebnis….. Aber eigentlich ist das eine ganz andere Geschichte ……

So, jedenfalls, geht es am Samstag Morgen nach Colmar, wir geniessen Wetter, Straße und dann auch die Stadt, bummeln zu Fuß und mit dem Sightseeing-Stadt-Bummelzug an allen Sehenswürdigkeiten vorbei und geniessen den Frühlingstrubel. Nur unsere über einen namhaften Hotelanbieter.com gebuchte Unterkunft erweist sich als Ente, ist doch niemand da uns hereinzulassen. Wir vermelden die Geschichte beim namhaften Hotelanbieter.com und müssen uns etwas anderes suchen. Nicht schön, direkt an der Straße und ohne Frühstück. Das nach vielen Jahren erste Mal, dass ich Pech hatte mit einer Buchung. Wir verbringen einen schönen Tag und landen spät am Abend in einem noblen Restaurant und fragen höflich, ob wir nur etwas trinken dürften.

IMG_2781Wir dürfen! Ich wähle uns einen Riesling aus der ellenlangen Karte und hoffe auf eine gute Wahl. Aaaah – ein Traum in weiß! Zu Hause bestelle ich gleich 4 Flaschen, obwohl der Preis mit ca. 20 Euro pro Flasche nicht das Schnäppchen ist, aber er lohnt sich.

Ein Riesling-Gedicht.

10 von 10 Dagipunkten für Monsieur Schlumberger / Grand Cru / Saering / 2014. Feine Säure, unendlich rund, eine schöne Nase und einfach vollendet.

Ode an Osmin

OsminEs gibt diese Tropfen da muss man zwangsläufig dabei oder danach nach einem Gedicht suchen. Der OSMIN aus dem Priorat! Ein Jahrgang 2006, gekauft für 30.- Euro in Falset/Priorat auf der Weinmesse, etwa 10 Jahre in den Keller gelegt und dann kam der Tag für ihn.

Ein jeder Tropfen ein Gedicht. Grenache gepaart mit Carinena, Syrah, Cabernet Sauvignon und Merlot.

10 von 10 Dagi-Punkte

Auszug aus Hertels Gedicht:

Schenkt mir ein Lächeln mit rosigen Wangen!

Zeigt mir, O Götter, die Liebe im Sein.

Nennt mir das Wunder, das weiße (hier rote!) Geheimnis,

öffnet die Pforten zum heiligsten Schrein.

Gibt auch die Sonne ihr Licht allen Wesen,

schenkt sie ihr Gold doch alleine dem Wein.

Nachts, wenn die Schatten die Strahlen verschlingen,

leuchtet in ihm noch ihr kostbarster Schein.

Ein zarter Tropfen benetzt unsre Lippen,

ein heller Funke entfacht unser Blut.

Geist und Gefühl, Kontinente der Seele

atmen vereint in der schillernden Glut.

Wermutstropfen

Ist es nicht dekadent?

mas-sinenHier sitze ich, hatte einen langen Arbeitstag und verdiente mir so einen richtig guten Tropfen aus dem Weinkeller. Mas Sinen aus dem Priorat, ein 2006er, voller Genuss, voller Kraft, voller Sonne. Locker ein 19-Punkter. Sonne, die mich bald durch einen Inselurlaub begleiten soll. Aufrechterhaltend packe ich ein Wenig vor mich hin. Kann einfach wohin fahren. So bin ich hier, mit meinem Tropfen, geniese und denke über die Unsinnigkeit der Welt nach.

Erst ruft Frau Merkel zur Gedenkminute ein für all die Opfer, die durch die Waffen der ISIS starben, um dann zu verkünden, dass man Waffen liefern soll und muss. Krank oder? Eine „Gedenkminute“ für die Opfer, die damit zu Opfern führen. Dann Präsi Cafe Latte, Inhaber eines Friedensnobelpreises. Das „Netzwerk des Todes“ muss man vernichten. Dann die erste Waffenlieferung nach da unten, weit weg (?), um echt richtig Kohle zu machen (Deutschland, drittgrösster Todes-, äh, Waffenlieferant der Welt),… äh, um das Netzwerk des Todes zu zerschlagen. Und dann noch in den Tagesthemen „gestern die Achse des Bösen, heute Partner“. Da wären wir wieder, beim Moralaustausch, wie er gerade ins Bild passt.

Es ist alles so krank. Ich trinke meinen guten Rotwein. Höre verdammt laute Musik, tanze mich frei und versuche zu überleben. In einer privilegierten Ecke der Welt, die meint eine andere verstehen zu wollen, mal links, mal rechts einmischen. Das Einmischen in Afghanistan hat nicht funktioniert, im Irak nicht, Ruanda nicht, die Kurden schonmal nicht, Israel nicht. Und so produzieren wir fleissig weiter diese todbringenden Stahlteile und wundern uns über wieder 700000 Leute, die bei uns überleben wollen. Henne oder Ei.

 

Slow Food und Johann Hugo – 2012 – Riesling – Franken

Es war einmal …
ein verdammt netter Abend auf der Messe Slow Food in Stuttgart. Ich habe meine ehrenamtliche Helfertätigkeit ausgeführt. Habe fleissig gelächelt, mit der Kundschaft der Vinothek gescherzt und gebrauchte Gläser eingesammelt. Ich habe Weinflaschen ausgetauscht und jede Arbeit gesehen und erledigt. Dann kam der Feierabend und wir (Weinberater und ich Helferlein) probten uns durch die Weissweine. Ich las mich ein und versuchte ein paar interessante Tröpfchen. Wir redeten über Gott, die Welt und Wein. Also über ein göttliches weltweitverfügbares Getränk 🙂
Der Johann Hugo. Ich probierte, er war sympathisch. Ich ging gleich fremd und probierte jenen und andere. Dann wieder Johann, dagegen ein Badener, ein Württemberger, ein solcher, ein jener. Johann. Keiner kam an ihn ran. Die Stunden verflogen, die Füsse, die seit 7 Stunden ungeruht an den Beinen hingen wurden schwer. Johann musste sich behaupten, bis ich ein Bestellformular ausfüllte.
Der Johann kam in einem grossen Karton und wohnt nun im Keller und im Kühlschrank. Kalt geöffnet, goldgelb plätschert er ins Glas. Frische, Aromen machen sich fett im Mund breit, mit dem Temperaturanstieg wird er weicher, die Textur wird dick. Kohlensäure Fehlanzeige, Frische ja, Säure nein. Die Nase ist deutlich Weisswein, der Mund geht in sanften Rotwein über. Ja, er könnte ein bisschen mehr Frische haben.
Johann Hugo mit Spargel-SpätzleDann aber meine neue Zufallsgeneration dazu. Die Küche hat sich auf Spargel eingestellt … aber nichts dazu zu bieten. Ich schaue in die Schränke. Schwäbische Eierspätzle. Gut, Kochwasser angesetzt. Spargel gestückelt und die letzten 8 Spätzle-Minuten mit gekocht. Un Nu?
Schrank wieder durchforstet. Italienisches Walnusspesto mit 24% Walnüssen. Gesehen, getan.
Nach Abgiessen des Wassers ordentlich Pesto dazu und kurz angewärmt.
Hey, mit Johann ein Gedicht! So einfach und die Texturen von Gericht und Wein passen optimal aufeinander. Ergänzend!

Da die Frische fehlt und die cremige Fülle fast zu viel ist, bekommt Johann nur 18,5 von 20 DagiPunkten und doch bin ich froh um jede weitere Flasche, die meinen Keller beehrt.
Nun bewirte ich ihn im zweiten Versuch mit einem kräftigen Hartkäse, Comté. Wie passend ist das denn! Ein weiterer freudiger friedlicher Abend mit Johann.

Johann Hugo, Riesling, Spätlese trocken, spontanvergoren, aus der Steillage, handverlesen und selektiv, Slow Food, Weingut Brennfleck/Franken,13 Vol.proz. und ja, die merkt man auch.

Les Crestes – Syrah – 2008 – Priorat vs. Akif Pirincci

Nein, doppelt nicht.
Lese ich gerade im stern über den Autor Akif Pirincci. Deutsch-türkisch, egal, tut nichts zur Sache. Schrieb gerade einen Bestseller im vulgärdeutsch der Gosse, gegen alles und jeden, bissig.

Les Crestes, eigenes Dagibild

Les Crestes, eigenes Dagibild

Egal, grundsätzlich, aber ich trinke gerade einen Les Crestes aus dem Priorat. 60% Syrah, 20 Garnacha, 20 Carinena. Eine Kirschexplosion in meinem Mund. Die Nase voller Beere mit ein bisschen Toastbrot, noch ein Tick zu viel Alkohol im Geruch. Der 2008er hätte also noch liegen können. Im Mund lang und fruchtig. Voller Sonne und doch trocken.
Und dann Akif Pirincci: „als Wutbeschleuniger vertraut er auf Rotwein“. Bäh, Antipathie macht sich in mir, mit meinem Les Crestes in mir, breit. Wutbeschleuniger. Was trinkt der Mann für Brühen? Wenn ich einen Rotwein im Mund hätte, der Wut in mir entfacht, wäre er schneller den Spültisch runter, als man Wutbeschleuniger eintippen kann.
Weiter geht es mit „wenn er zwei Flaschen Rotwein drin hat, sympathisiere er mit dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“.
Bäh, der Typ geht gar nicht und die Leute kaufen das Buch wie Semmeln. Bedenklich.
Ich fühle mich gemobbt. Fühle mich als Rotweintrinkerin gemobbt, von vulgären Typen in Gossensprache. Fühle mich gemobbt als Autorin mancher kleiner Artikelchen, die kaum einer liest, was auch unwichtig ist, von einem Typen, der Rotwein als Gossensprachenbeschleungiger verwendet und damit fett Geld verdient. Bäh.

Der Les Crestes vom Weingut Celler Mas Doix, sage ich, bringt mich zurück auf den Boden, lässt mich Geschmack fühlen und Sonne spüren und die Schönheit einer Traube sehen, wie sie im Tau eines Morgens an der Rebe hängt und darauf wartet ein schöner Wein zu werden.

Der arme Mann. Ich verbleibe für heute in Mitleid (und 2 zwinkernden Augen), dass er „in Fäkalsprache über Frauen, Muslime und Schwule“ schreiben muss, um sich seine Wutbeschleunigerplörre kaufen zu können und keinen Sinn für Gutes hat. Pffffz.